von Heide Gospodinova und H. - Willi Wünsch
Im Frühjahr 2011 gelang den Autoren ein erster Nachweis des Spitzenflecks, Libellula fulva, (O. F. Müller, 1764), im Gebiet der Wahner Heide sowie an Fischteichen des Lohmarer Waldes. Siehe hierzu den Bericht vom 17. Juli 2011.
Hierbei handelte es sich um wenige Imagines beiderlei Geschlechts in diversen Stadien, vom heranreifenden Männchen bis zum adulten Weibchen. Da trotz intensiver Suche keine leeren Larvenhäute (Exuvien) der Art gefunden werden konnten, musste davon ausgegangen werden, dass die Art erstmals in diese Gebiete eingeflogen war.
In den folgenden zwei Jahren konnte die Art im Gebiet der Heideterrasse nicht mehr nachgewiesen werden. Sehr wahrscheinlich wurde die kleine Population aufgrund ihrer versteckten Lebensweise in teilweise sehr dichter Schilfvegetation Größerer Gewässer übersehen.
Drei Jahre später, am 1. Mai 2014 gelang dann die fotografische Dokumentation des ersten Reproduktionsnachweises von Libellula fulva in der Ufervegetation eines Stillgewässers im artenreichsten Naturschutzgebiet Nordrhein - Westfalens.Der Nachweis der Bodenständigkeit der Segellibellenart gelang um die Mittagszeit bei sonnigem Wetter und einer Lufttemperatur von 20°C. Dabei wehte ein schwacher Wind aus westlichen Richtungen. Libellula fulva schlüpfte an einer frei zugänglichen und relativ übersichtlichen Stelle an einem dürren Zweig in etwa 1,5 Metern Höhe, unmittelbar an der Wasserlinie. Angesichts der Größe des Biotops ist von weiteren Emergenzen der sehr zu Synchronschlüpfen neigenden Art auszugehen.
Libellula fulva ist eine mittelgroße Segellibelle mit einer Flügelspannweite von 7,5 bis 8 Zentimetern. Kennzeichnend für die Art ist die Färbung der Flügelspitzen, die bei den Weibchen immer und bei den Männchen nur gelegentlich schwarz eingefärbt ist. Diese Färbung der Flügel gab der Libelle ihren Namen. Die Tatsache, dass der Spitzenfleck viele markante Merkmale anderer Libellen in sich vereinigt, führt oft zu Verwechselungen mit anderen Arten. So werden junge Exemplare von Libellula fulva aufgrund ihrer auffälligen, schwarz gezackten, sich zum Thorax hin verjüngenden Abdomenzeichnung oft mit dem Zweifleck (Epitheca bimaculata) verwechselt. Letzterer ist jedoch um einiges Größer und ein permanenter Flieger, während der Spitzenfleck eher ein Kurzstreckenflieger ist und sich öfters niedersetzt.
Die Jungtiere beider Geschlechter sind von leuchtend oranger Färbung mit dem beschriebenen Muster auf der Oberseite des Abdomens und nur durch ihre Hinterleibsanhänge (Cerci) zu unterscheiden. Erst später bilden sich beim Weibchen die rauchig schwarzen Flügelspitzen. Die Männchen bilden bis zum Erreichen der Geschlechtsreife eine abdominale, blaue Wachsbereifung aus. Sie können dann leicht mit einem großen Blaupfeil (Orthetrum cancellatum) verwechselt werden.Diesem fehlt jedoch der an den Hinterflügeln der dreieckige, dunkle Basalfleck, den nicht nur der Spitzenfleck sondern auch der Plattbauch (Libellula depressa) und der Vierfleck (Libellula quadrimaculata) besitzen. Diese weisen ihrerseits wieder ein Abdomen ohne schwarz gezackte Zeichnungen auf.
Dadurch, dass sich die erwachsenen Tiere gänzlich voneinander unterscheiden, weist die Art einen Sexualdimorphismus auf.
Die Augen der Jungtiere sind zweifarbig waagerecht unterteilt. Die obere Augenhälfte ist braun-beige, und die untere Hälfte blaugrau gefärbt.
Ausgewachsene Tiere haben blaugraue Augen. Die Stirn der Männchen ist schwarz, während die der Weibchen rötlich braun gefärbt ist.
Die Flugzeit des Spitzenflecks ist sehr kurz. Die Art fliegt bei normaler Witterung von Mitte Mai bis Ende Juni.
In der Roten Liste wird Libellula fulva für NRW als stark gefährdet (RL: Stufe 2) geführt.
In der Wahner Heide hat die Art in jüngster Zeit ein Optimalhabitat gefunden. Die wenigen bekannten Fundorte und die sich zum Nachteil der Art verändernden Refugien sollten Anlass dazu geben, die Art zu bewahren und entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Weitere, detaillierte Informationen über diese und alle anderen Arten von in der Wahner Heide vorkommenden Libellenarten stehen auf der Homepage der Autoren www.waldschrat-online.de zur Verfügung.
Bergheim, im Mai 2014,
© Dipl. - Ing. Heide Gospodinova & H. - Willi Wünsch