22.02.2014, 12:01 Uhr

Gelbbauchunke: Froschlurch des Jahres 2014

Auf der Bergischen Heideterrasse war die Gelbbauchunke einst ein typischer Bewohner, braucht aber inzwischen auch hier Unterstützung für ein Comeback.

Zur Begründung für die Auswahl dieser Art schreibt die DGHT (Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde): "Mit der Wahl der seltenen Gelbbauchunke wollen wir eine bedrohte und durch Aussehen und Verhalten ungewöhnliche Amphibienart in den Blickpunkt rücken. Der Froschlurch des Jahres hat bei uns seine natürlichen Lebensräume durch menschliches Tun weitgehend verloren, findet aber Ersatzbiotope in Abbaugruben und auf militärischen Übungsplätzen. [...]"

Gelbbauchunke in Laichgewässer
Gelbbauchunke in Laichgewässer
© Justus Siebert
Die natürlichen Lebensräume hat die Gelbbauchunke (Bombina variegata) schon vor langer Zeit verloren, nämlich Fluss- und Bachauen in Mittelgebirgslagen mit dynamischen Verläufen, wo immer wieder flache sonnenexponierte Kleinstgewässer entstehen, welche die Unken als Laichhabitet benötigen. Dabei hatten sie aber durchaus vom menschlichen Umgang mit der Landschaft profitieren können: der traditionelle Abbau von Ton als Fachwerkhausbaumaterial gerade im Bergischen hinterließ an den zahlreichen Abbaustellen flache lehmige Pfützen ("Lehmpfuhl"), die sich hervorragend als Laichgewässer eigneten. Auch die unbefestigten tonerdigen Feldwege am Waldrand, auf denen die Räder der landwirtschaftlichen Fahrzeuge (früher: Pferdewagen) Fahrspuren hinterließen, die sich dann mit Wasser füllten, waren typische Laichgewässer. Die Gelbbauchunke war also durchaus ein Kulturfolger.

Gelbbauchunke in Abwehrstellung mit dem namengebenden gelbgemusterten Bauch
Gelbbauchunke in Abwehrstellung mit dem namengebenden gelbgemusterten Bauch
© Justus Siebert
Doch mit der veränderten menschlichen Nutzung seit der Nachkriegszeit sind diese sekundären Lebensräume verschwunden: Lehm als Baumaterial ist nicht mehr gefragt, Wege sind meist befestigt oder geteert. Nun blieben nur noch solche Lebensräume, wo durch regelmäßige und intensive Nutzung und Beanspruchung des Bodens Laichgewässer entstehen konnten: Ton-, Stein- und Kiesgruben (Grube weiß bei Moitzfeld, Tongrube Altenrath) und militärische Übungsgebiete (südliche Wahner Heide), wo durch schwere Kettenfahrzeuge erzeugte Fahrspuren sich mit Wasser füllen können. Mit der Stilllegung der Grubenwirtschaft (Grube weiß: 1957, Tongrube Altenrath: 1982) und der Einstellung des Panzerübungsbetriebs durch die Belgischen Streitkräfte nach deren Abzug 2004 hat sich die Biotopstruktur für die Gelbbauchunken noch einmal dramatisch verschlechtert. Hat man an lauen Maiabenden bis in die frühen 80er Jahre hinein an den richtigen Stellen die sprichwörtlichen Unkenrufe noch massenhaft vernehmen können, ist dieses Naturerlebnis seit den 90er Jahren ins Legendenhafte verschwunden: wer als Kind aus dem Räuber Hotzenplotz vorgelesen bekommen hat und sich gefragt hat, wo denn solch ein Unkenpfuhl zu finden sei, in welchem die vom Hotzenplotz-Geschäftsfreund Zwackelmann in eine Unke verwandelte Fee Amaryllis sitzen musste, der ist auf der Heideterrasse nur mit großem Glück und punktuell fündig geworden. Lediglich in Oberauel konnte durch die kontinuierliche Betreuung seitens des Bündnis-Mitgliedverbands RBN (Rheinisch Bergischer Naturschutzverein) die letzte Größere Population im gesamten Rheinisch-Bergischen Kreis, zu dem auch die Bergische Heideterrasse gehört, erhalten werden.

Jungunke, Wahner Heide 2013 (rechts: Wasserläufer)
Jungunke, Wahner Heide 2013 (rechts: Wasserläufer)
© Justus Siebert
Um dem Abwärtstrend entgegen zu wirken, ist 2006 ein durch das Landesumweltministerium NRW gefördertes Gemeinschaftsprojekt der Universität Duisburg Essen und des RBN gestartet worden, um die Restbestände zu erhalten, ihre Lebensräume wiederherzustellen, zu vergrößern und die Vorkommen miteinander zu vernetzen. Konkret sind v.a. im Königsforst in den Giesbachauen an geeigneten Stellen, wo z.B. durch Windwurf besonnte Uferstellen entstanden sind, Laichgruben angelegt und regelmäßig betreut worden. Der langfristige Erfolg des Projektes bleibt noch abzuwarten, allerdings haben sich inzwischen erste Erfolge eingestellt: sowohl im Königsforst als auch in der Wahner Heide sind seit 2011 Jungunken gesichtet worden. Geht man davon aus, dass diese Funde nicht auf inoffizielle Aussetzungen zurückgehen, dann hätten überlebende erwachsene Tiere jahrelang (Unken können bis zu 20 Jahre alt werden) darauf gewartet, dass ihnen jemand eine genehme Grube gräbt, in der sie sich erfolgreich vermehren können. Vielleicht tragen auch die erst seit kurzem ansässigen Wasserbüffel mit den von ihnen geschaffenen Suhlen zum Projekterfolg bei.

Für Unken angelegte Laichgewässer, Königsforst / Giesbachaue
Für Unken angelegte Laichgewässer, Königsforst / Giesbachaue
© Justus Siebert
Insofern passen das Jahr 2014 und speziell der geographische Raum der Heideterrasse für die Gelbbauchunke gut zusammen um darauf aufmerksam zu machen, dass diese interessante Art durch menschliches Zutun aus unserem Bewusstsein zu verschwinden droht(e), andererseits aber gerade in diesem Jahr mit Spannung beobachtet werden darf, ob sich der hoffnungsvolle Trend aus den letzten drei Jahren bestätigt. Die Botschaft lautet, dass mit der richtigen Einstellung (die Unke soll bleiben!), viel Geduld (wie so oft im Naturschutz) und vergleichsweise geringem Aufwand (Grube graben) viel erreicht werden kann, zumindest für diesen Froschlurch des Jahres 2014.

> Weitere Infos zum Projekt Biotopverbund Gelbbauchunke

> Weitere Infos zur Ernennung zum Froschlurch des Jahres 2014 (DGHT)