Nach dem Abzug der Belgischen Streitkräfte 2006 stand das Camp leer, es gab anfangs einige Ideen, was mit dem Gelände anzufangen sei, letztendlich wurde beschlossen, alles zurück zu bauen und der Natur zurück zu geben. Das war eine gute Entscheidung, jedenfalls eine bessere als ein Wohn- oder Industriegebiet daraus zu machen, denn die Fläche befindet sich mitten im Naturschutzgebiet Wahner Heide, die v.a. durch ihre Offenland-Biotope so wertvoll ist. Und von denen gibt es auch in der Wahner Heide nichts zu verschenken. Der benachbarte Hühnerbruch, auf der anderen Seite der Kölner Straße, ist ebenfalls eine offene Heidefläche, wesentlicher Unterschied: er ist nicht eingekoppelt, das Verlassen des offiziellen Wanderweges ist zwar verboten, daran hält sich aber nicht jeder Besucher, gerade Hundebesitzer lassen ihren Tieren gerne freien Auslauf, aus gutem Grund verboten im Naturschutzgebiet. Denn Freiheit für den Hund heißt Existenzbedrohung für die letzten Größeren Vorkommen in NRW von Bodenbrütern wie Heidelerche, Schwarzkehlchen und Neuntöter: bei der dritten bis vierten sonntäglichen Störung durch einen streunenden Hund, der das Gelege nicht mal bemerkt haben muss, geben die Vogeleltern die Brut auf. Mal schauen, wie sich die Situation auf der Koppel entwickeln wird, die durch einen Zaun geschützt ist.
Und wer entscheidet und macht hier und da was genau? Das ist auch nicht so einfach. Im Geisterbusch sind seit Jahren der Glanhof Mohr / Pechau die Landschaftspfleger, beauftragt vom Flughafen Köln / Bonn, als Ausgleichmaßnahme, im Camp Altenrath ist es ebenfalls der Glanhof, allerdings ist es hier eine Ausgleichsfläche von Straßen NRW, hier ist es der Rhein-Sieg-Kreis als Projekt-Beauftrager, auf dem Paradeplatz sind es die Ziegen vom Ziegenhof Stumpf, allerdings seit 2016 unter einem neuen Pächter / Besitzer, hier ist Beauftrager der Flughafen, der nach den Empfehlungen eines eigenen Sachverständigen entscheidet, allerdings spielen für einen Flughafen auch andere Kriterien eine Rolle als diese Empfehlungen,...
Und dann gibt es noch die DBU (Deutsche Bundestiftung Umwelt), seit einigen Jahren Eigentümer des nördlichen Teils der Wahner Heide, unter der Auflage, das Personal des Bundesforstbetriebes Rhein-Weser weiter zu beschäftigen, einen Forstbetrieb gibt es also auch noch, der in der südlichen Wahner Heide nicht als DBU-Beauftragter agiert sondern als Vertreter des dortigen Eigentümers, der Bundesrepublik, in Absprache mit der Bundeswehr, die dort ihren Standortübungsplatz unterhält...
Kurz: es ist kompliziert, wenn man in der Heide steht, sieht man der Fläche manchmal an, dass hier irgendwer irgendwas anders entschieden hat als eine Strecke weiter, manchmal aber auch nicht, jedenfalls nicht auf den ersten Blick.
Das war jetzt etwas abgeschwiffen, nochmal zurück zum Thema, zur Koppel Camp-Altenrath: Die Island-Pferde sind da, die Schafe und Ziegen schon etwas länger, und Rothirsche und Rehe und Kaninchen gab es schon immer hier. Wer genau jetzt welche Traubenkirsche abgeknabbert hat, kann man nicht sagen, es war wohl Teamwork. Und nochmal zum Stichwort Natur, und Natur-Natur-sein-lassen: ja, die Heide ist keine Natur- sondern eine Kulturlandschaft, entstanden durch eine extensive Beweidungs-Nutzung durch den Menschen, allerdings: diese extensive Nutzung bringt eine Landschaft hervor, die der ursprünglichen Wildnis näher kommt als eine sich völlig selbst überlassene Fläche - ohne Wildtier-Herden (Auerochsen, Wildpferde, Wisente) und andere natürliche Faktoren (Brände, Windbruch, Überschwemmungen). Eine Fläche wie unsere Koppel ist zu klein, um Natur sich selbst zu überlassen, Wildnis-Faktoren sind nicht oder zu wenig vorhanden (die Flughafen-Feuerwehr findet Brände und Überschwemmungen gar nicht wünschenswert), deshalb geht es hier mehr um Artenvielfalt als um Wildnis, da darf es auch mal etwas mehr Eingriff sein und etwas weniger wild aussehen. So macht es Sinn, einen Teil der Koppel mit Orchideenbestand aus der Weidenuztung auszuzäunen, um diese zu schonen, und schön wäre auch gewesen, wenn die Pferdeställe des Camps erhalten geblieben wären, das hätte den Mehlschwalben gefallen, die die Ersatz-Behausung auf der anderen Straßenseite nicht angenommen haben und die Heide verlassen haben, abgesehen davon, dass die Island-Pferde die Ställe nun ebenfalls hätten nutzen können.
Direkt gegenüber von Koppel und Parkplatz sticht noch ein weiteres menschliches Relikt aus Militärzeiten ins Auge: die Panzerwaschanlage, eine Beton-Wanne, wenig romantisch wirkend. Obwohl, inzwischen verwachsen, mit Wasserfrosch-Konzert, Libellen im Anflug, Ringelnattern und Molchen, Zauneidechsen in den besonnten Flächen herum, das hat was Idyllisches. Eindeutig ein menschlicher Einwurf, aber ein Hotspot der Artenvielfalt, und als solcher erhaltenswert, und darum machen wir (Bündnis Heideterrasse) das auch, seit diesem Jahr (2016), im frühen Frühjahr und späten Herbst. Damit es ein Wasser-Lebensraum bleibt und kein Moor wird.
Was kann man machen, als Besucher der Heide? Am besten erstmal möglichst wenig, einfach genießen, vom Weg aus, die Pferde und Ziegen nicht füttern, damit sie ihren Fress-Job in der Heide erledigen können, und auch nicht die Enten in der Panzerwaschanlage, sonst kippt das Wasser um, und auch keine Goldfische aussetzen, die fressen dann die Kaulquappen und Molchlarven. Wem nichts machen doch zu wenig ist: der kann ja mal eine Exkursion mit gehen, oder bei unserem Plenum vorbei kommen, da gibts dann auch Infos, wann / wo man praktisch was machen kann.