25.06.2018, 11:52 Uhr

Neue Koppeln im Bereich Hühnerbruch - Tongrube bei Altenrath

Spaziergänger haben es bereits festgestellt, und den Medien war es auch schon zu entnehmen: Seit Anfang Juni stehen die neuen Weidezäune für zunächst drei Koppeln,...

Die erste kleine Ziegenhere auf der oberen Tongruben-Koppel
Die erste kleine Ziegenhere auf der oberen Tongruben-Koppel
© Justus Siebert
...zwei im Bereich der Tongrube und eine weitere im Hühnerbruch, die bis zur ehemaligen Panzerwaschanlage reicht. Nach längerer Abstimmungs- und Planungszeit ist dieses Projekt nun tatsächlich umgesetzt worden: Finanziert wird es als Ausgleichsmaßnahme vom Köln Bonn Airport (der Bevölkerung aus älteren Zeiten als Flughafen Köln / Bonn bekannt). Am Entscheidungsfindungsprozess beteiligt waren die Flughafen Köln/Bonn GmbH, die DBU Naturerbe GmbH als Eigentümerin der DBU-Naturerbefläche

Wahner Heide, der Bundesforstbetrieb Rhein-Weser, die Untere Naturschutzbehörde des Rhein-Sieg-Kreises sowie das Landesamt für Natur, Umwelt, Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV), die Höhere Naturschutzbehörde der Bezirksregierung Köln und das Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft.

Wie man schon sieht, waren viele beteiligt, und man kann sich vorstellen, dass da einiges abzustimmen war auch im Detail, bevor man sich auf das jetzt sichtbare Konzept hatte einigen können, was erfreulicherweise letztendlich gelungen ist. Praktische Stolpersteine gab es auch, denn in der Wahner Heide als (in diesem Bereich ehemaligem) Truppenübungsplatz kann man nicht einfach einen Elektrozaun ziehen, zunächst musste der Kampfmittelräumdienst sicherstellen, dass entlang der Zäune keine Gefahr mehr von alten Kampfmitteln ausgeht. Wir als Bündnis Heideterrasse begrüßen jedenfalls dieses Koppel-Konzept, und freuen uns darüber, dass dieses nun auch umgesetzt wird und nicht an irgendeinem Stolperstein hängen geblieben ist.

Was bedeutet das jetzt für Spaziergänger?

Junge Singdrossel, gerade aus dem Nest gefallen, auf dem Hühnerbruch-Weg direkt am Koppel-Zaun
Junge Singdrossel, gerade aus dem Nest gefallen, auf dem Hühnerbruch-Weg direkt am Koppel-Zaun
© Justus Siebert
Offiziell: keine Veränderungen. Der offizielle Wanderweg, dem auch der Hühnerbruch-Rundwanderweg (der mit dem Krug-Symbol) ein gutes Stück weit folgt, führt entlang bzw. zwischen den Koppeln durch. Inoffiziell: kann man die eingekoppelten Flächen, und die dort verlaufenden althergebrachten, aber inzwischen nicht mehr genehmigten Wege nicht mehr betreten. Was natürlich auch einer der Hauptbeweggründe für dieses Koppel-Konzept war: Es ist nun mal eine kleine aber wertvolle Offenlandfläche, von denen es nicht nur in der Wahner Heide, und erst recht im weiteren Umland nicht mehr viele gibt. Wildtiere, v.a. bodenbrütende Vögel (Heidelerche, Schwarzkehlchen, Neuntöter,...) finden hier eines der letzten Brutreviere. Und wenn sie auch hier ständig von flugunfähigen Zweibeinern, v.a. in Begleitung von vierbeinigen Freunden, gestört werden, ist auch dieses Revier für sie verloren. Das muss der Hund, der nur 3-4 Meter freilaufend vom Weg durch die Heide streunt, gar nicht mitkriegen, wenn er an einem Nest vorbei gekommen ist, die Vogeleltern geben dieses dennoch auf, wenn das dann schon zum dritten Mal an diesem Tag passiert ist. Womit wir auch beim nächsten Thema sind:

Was bedeutet das jetzt für die Natur?

Der Wanderweg führt an der Tongrube zwischen der oberen (links) und der unteren Koppel (rechts) durch, letztere umschließt die Tongrube.
Der Wanderweg führt an der Tongrube zwischen der oberen (links) und der unteren Koppel (rechts) durch, letztere umschließt die Tongrube.
© Justus Siebert
Wie schon erwähnt, sind diese Koppeln konkret zum Wohle der Natur eingerichtet worden, um etwas Erholungsdruck von der Fläche zu nehmen und die erholungsuchende Bevölkerung auf diejenigen Wege zu lenken, die für sie vorgesehen sind. Zum anderen sollen die Flächen durch die Weidetiere als offene Heideflächen erhalten bleiben, wie es in früheren Zeiten der Fall war. Nach der Aufgabe der Weidewirtschaft sind die militärischen Übungen gewesen, zuletzt der belgischen Streitkräfte bis 2004, die die Heide mit schweren Fahrzeugen offen gehalten, oder zumindest einen Beitrag dazu geleistet haben. Danach sind die Flächen durch Mahd offen gehalten worden, was aber eine nur suboptimale Lösung darstellt.

Mit der Rückkehr zu einer traditionellen Weidewirtschaft (auch wenn Koppel-Beweidung nicht ganz die frühere Hude-Beweidung ist) ergeben sich nun neue, oder eher alte?, Chancen: Vorgesehen sind verschiedene Weidetiere, die alle einen etwas unterschiedlichen Job machen: Von den Ziegen darf man sich erhoffen, dass sie v.a. die Spätblühende Traubenkirsche verbeißen, die ein echtes Problem darstellt, weil sie nach einer Mahd besonders offensiv zurück kommt und alles andere verdrängt, z.B. das Heidekraut. Pferden, Eseln und Glanrindern ist der Job zugedacht, Gräser und Buschwerk kurz zu halten, jeder mit einer eigenen Vorliebe für dieses oder jenes Gewächs. Und die Wasserbüffel sind dafür vorgesehen, im Bereich der Tongrube den Schilfgürtel aufzulichten, Binsen abzuweiden und  Schlamm- bzw. Tonsuhlen anzulegen, die dann als Laichtümpel z.B. von Kreuzkröten genutzt werden können. Und nicht zuletzt:

Viel Vieh macht viel Mist

Wasserbüffel im Schilfgürtel der unteren Tongruben-Koppel
Wasserbüffel im Schilfgürtel der unteren Tongruben-Koppel
© Justus Siebert
...und das ist auch gut so. Denn ein Kuhfladen oder Pferdeapfel ist voller Leben, jedenfalls wenn der Mist-Erzeuger nicht ständig entwurmt wurde, Käfer und anderes Kleingetier nutzen diese Hinterlassenschaften für die eigene Ernährung und Fortpflanzung, und Fliegen sind ohnehin da, wo Viehzeug steht. Uns Menschen muss das nicht gefallen, aber all diese Insektenmasse ist wiederum Nahrungsgrundlage für (Jung-)Vögel, Amphibien, Reptilien und Andere. Dass der Insektenschwund, nicht nur in Bezug auf die Honigbiene, global, europaweit, und auch in der Wahner Heide, inzwischen dramatische Dimensionen angenommen hat, hat man vielleicht auch schon über die Medien mitbekommen.

Bereits vor Ort angekommen sind ein paar Ziegen auf der oberen Tongruben-Koppel, und die Wasserbüffel auf der unteren Tongruben-Koppel. Und wie man sich erhofft hat, und man es von einem Wasserbüffel erwarten kann, halten sie sich  gerne im Schilfgürtel auf, wo man sie eher durch Schnauben und knackendes und sich bewegendes Röhricht wahr nimmt.

Wie geht es jetzt weiter?

Man darf gespannt sein, wie sich alles entwickelt, wenn auch die anderen genannten Weidetiere ihr neues Zuhause bezogen haben werden, ob sie tatsächlich das machen, was man sich von ihnen erhofft, oder doch gerade die Pflanzen verbeißen, die man eigentlich fördern wollte. Doch passieren musste etwas an dieser Stelle, und wenn man nichts versucht, passiert auch nichts. Gespannt sein darf man aber auch, in wieweit die neuen Verhältnisse und Bewohner von denjenigen akzeptiert werden, die sich ihr Recht auf Freiheit und ich-geh-wo-ich-will-immer-schon bislang genommen haben. Die Hoffnung ist jedenfalls, dass möglichst bald ein etwaiger Unmut über die Beschneidung der Wegefreiheit weichen wird und der Zugewinn offenbar wird: Ähnlich wie im Geisterbusch wird es jetzt auch hier mehr zu sehen geben, große Tiere eben, und ein Spaziergang wird zu einem kleinen Safari-Erlebnis. Vielleicht wird es etwas dauern, aber mittelfristig wird auch der Hühnerbruch wieder etwas vielgestaltiger, uriger aussehen, während er kurz nach der bisherigen Maschinen-Mahd doch eher Vorgarten-Charakter hatte. Vielleicht wird dann auch wieder mehr von Heidelerche, Nachtigall und Kuckuck zu hören sein - wenn sie es geschafft haben bis in den Hühnerbruch, auf ihrem globalen Zug durch den Rest von Europa / Afrika.

Jedenfalls und nochmals: wir vom Bündnis Heideterrasse freuen uns über diese neue Entwicklung, wer mehr wissen möchte zu diesem Koppel-Projekt, der kann dazu mehr in Erfahrung bringen bei einer unserer Exkursionen, oder dem regelmäßigen Heidespaziergang, jeden ersten Sonntag im Monat von Altenrath aus, der gerade jetzt auch zu den Koppel-Flächen führt.